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Hydraulik: neue Wege, mit Druck umzugehen

Safim und Fluid Press, zwei etablierte Namen im Hydraulikmarkt, bilden den Kern des Business Segments Hydraulik bei AL-KO. Wie helfen hier Innovationen, um Marktpräsenz und Geschäft auszubauen? Valeriomarco Montanari, R&D Manager für das Hydraulikbusiness bei Safim, gibt Einblicke.

Valeriomarco Montanari, R&D Manager für das Hydraulikbusiness bei Safim | © AL-KO VT

Das Wichtigste in Kürze

  • Umfassende Hydraulik-Lösungen: Mit der Entwicklungspower von Safim und Fluid-Press bietet die AL-KO Unternehmensgruppe Hydrauliklösungen für sämtliche Bremsanforderungen von mobilen Arbeitsmaschinen.
  • Individualentwicklung und Plattformstrategie: Mit der intelligenten Mischung von modularen Standardprodukten und individuell auf die jeweiligen Fahrzeugfunktionen hin optimierten Einzelkomponenten sorgen die Fachleute für die nötige Effizienz und Zuverlässigkeit.
  • Digitale Hydraulik: Die Digitalisierung von Hydrauliksystemen bildet die Basis für ein völlig neues Level an Präzision und Funktionalität: ein Entwicklungsschub für die Automatisierung dieser Fahrzeugklasse.

Ein Prinzip, viele Anwendungen

Kräne und Traktoren einfach bewegen

Safim baut hydraulische Bremssysteme für Off-Highway-Fahrzeuge. Fluid-Press produziert Hydraulikventile und Verteilerblöcke. Das Grundprinzip ist immer gleich: Eine Pumpe drückt Hydraulikflüssigkeit aus einem Vorratsbehälter in den Hydraulikkreislauf, Ventile steuern die Druckverteilung und den Fluss im Leitungssystem, im Zylinder wird die Kraft der Flüssigkeit in eine Bewegung des Kolbens oder in die Drehung eines Hydraulikmotors umgewandelt. „Den Unterschied machen in Fall von Fluid-Press und Safim vor allem die Anwendungen dieses technischen Verfahrens“, sagt Valeriomarco Montanari, R&D Manager bei Safim.

„Während Fluid-Press mit ihren Hydraulikventilen und integrierten hydraulischen Schaltungen viele Funktionen von Traktoren, Mähdreschern, Standard- und Spezialkränen, Hebebühnen, Rangierfahrzeuge für Flugzeuge, Raupen, Baggern etc. ansteuern kann, ist Safim der Spezialist für die hydraulischen Bremssysteme dieser Fahrzeuge und fahrenden Maschinen.“ Nicht nur die Lasten, die diese Arbeitsgeräte mit Leichtigkeit bewegen, werden in der Regel in Tonnen gemessen. Auch das Eigengewicht erreicht mitunter das eines Schwerlast-Lkw. Entsprechend zuverlässig und präzise müssen Steuerung und Bremse ausfallen, um Unfälle oder Fehler zu vermeiden.

Individuelle Optimierung

Eng abgestimmt entwickeln

Ausgestattet mit einem ganzen Baukasten von Ventilen unterschiedlicher Leistungsklassen realisieren die Ingenieure von Fluid-Press Fahrzeugbewegungen nach Maß. Auch neue Funktionen sind mit dem Set an Komponenten souverän zu konzipieren. „Die enge Zusammenarbeit mit dem Kunden ist dabei zentral“, sagt Montanari. „Schließlich muss die finale Lösung effizient und kompromisslos zuverlässig sein.“ Das gilt umso mehr für Bremslösungen von Safim. Entwicklung und Zulassung von neuen hydraulischen Bremssteuerungen erfordern viele Abstimmungsrunden mit den jeweiligen Kunden, oft durch wöchentliche Treffen der jeweiligen Fachleute.

Zuverlässigkeit steht ganz oben

Spezifisch entwickeln, fertigen und testen

Die Entwicklung ist geprägt von Testreihen. Millionen von Testzyklen sind für solche Systeme üblich. Montanari: „Wir entwickeln praktisch gemeinsam mit unseren Kunden. Wir müssen genau verstehen, welchen Herausforderungen das Fahrzeug gewachsen sein soll.“ Nur so kann auch das Bremssystem die optimale Leistung erbringen. Um Leistung und Effizienz möglichst optimal auszubalancieren, werden zum Beispiel die Master-Ventile von Safim komplett anwendungsspezifisch entwickelt. Auch die Gestaltung der Hydraulik-integrierten Systeme von Fluid-Press folgt im Detail den spezifischen Kundenanforderungen. Diese kompakten Ventilpakete optimieren Installations- und Systemwartungszeiten. Außerdem lassen sich damit die Anzahl der Anschlüsse auf ein Minimum reduzieren.

Rechtliche Vorgaben vorausschauend realisieren

Vorschriften als Innovationstreiber nutzen

Manchmal spielt auf der Suche nach Neuerungen auch die Europäische Union eine entscheidende Rolle. Als Teil der Bemühungen, Verkehrsunfälle auf ein Minimum zu reduzieren und die Sicherheit insgesamt zu erhöhen, beschloss die EU 2013/2015, dass landwirtschaftlich genutzte Anhänger mit einer Zweileiter-Bremsanlage ausgestattet sein müssen. Montanari: „Es gab in Europa unterschiedliche landespezifische Regelungen und technische Lösungskonzepte.“ Von 2025 an ist jedoch der Einsatz von Single-Line-Systemen bei Traktoren EU-weit zu vermeiden. „Entsprechend haben wir Dual-Line-Systeme im Programm, die die EU-Anforderungen für jede Fahrzeugart erfüllen. Für Länder, die die Single-Line-Systeme immer noch einsetzen dürfen, bieten wir auch diese Lösungen an.“

Shaping the Future

Hydraulik digitalisieren

Sicherheit und Effizienz sind für das gesamte Hydraulik-Segment von AL-KO VT die wesentlichen Innovationstreiber. „Gleichzeitig erkennen wir bei den landwirtschaftlich genutzten Fahrzeugen sowie den Baumaschinen den klaren Trend zu immer umfassenderen Automatikfunktionen. Das geht bis hin zu vollständig automatisierten Maschinen", sagt Montanari. Deshalb hat Safim schon zur Bauma 2022 unter dem Motto „Shaping the future of Braking“ intelligente Funktionssysteme für das autonome Bremsen vorgestellt. 

Full-Brake-by-Wire-Bremsanlagen bieten unter anderem Bergabfahrhilfen, Antischlupfregelungen und nicht zuletzt Lösungen rund um die Kollisionsverhinderung. „Aus unserer Sicht kann die Zukunft kommen“, sagt Montanari nicht ohne Stolz. „Typischerweise sind die Entwicklungszyklen im Hydraulikbereich sehr lang. Aber mit dem Übergang von einer reinen Hydraulik zur hybriden Elektro-Hydraulik erleben wir gerade eine dramatische Beschleunigung des Tempos; und wir sind ganz vorne mit dabei."

Das nächste Automatisierungsniveau

Neue Funktionen, einfacher realisieren

Die Digitalisierung ermöglicht nicht nur neue Funktionen, die das Arbeiten immer sicherer machen. Sie bringt auch die Präzision und die Einfachheit der Bedienung auf ein neues Level. Montanari: „Die digitale Hydraulik schafft Chancen für einen immer höheren Grad der Automatisierung. Das beschleunigt Arbeitsprozesse mit immer einfacheren Abläufen und sorgt für immer effizientere Systeme.“ Nicht zuletzt lindern die neuen Möglichkeiten auch den Fachkräftemangel. Das sind die Zutaten für einen regelrechten Entwicklungsschub im Hydraulikmarkt.